Kontinuität und Wandel: Zusammenspiel von Persönlichkeit und Berufstätigkeit bis zum 52. Lebensjahr

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Die Zürcher Längsschnittstudie «Von der Schulzeit bis zum mittleren Erwachsenenalter» (kurz: ZLSE) wird um eine weitere Erhebung ergänzt. Während beim Projekt Kontinuität und Wandel – Determinanten der persönlichen und beruflichen Entwicklung vor allem die berufliche Entwicklung im Vordergrund stand, wird im vorliegenden Projekt der Schwerpunkt zusätzlich auf das Zusammenspiel von Persönlichkeit und Berufstätigkeit, Work-Life-Balance sowie Gesundheit gelegt. Das Projekt wird im Rahmen des Forschungsschwerpunktes des Staatssekretariates für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) «Individuelle Berufsbildungsentscheidungen und Berufsbildungschancen» durchgeführt.

Projektleitung

Claudia Schellenberg Titel Prof. Dr.

Funktion

Professorin für die berufliche Integration von Jugendlichen mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen

Kurt Häfeli Titel Prof. Dr. em.

Funktion

Ehemaliger Leiter Forschung und Entwicklung

Fakten

  • Dauer
    05.2014
    10.2018
  • Neue Projektnummer
    1_13.1

Projektteam

Fragestellung

Wichtige Ziele sind die vertiefte Erfassung der aktuellen beruflichen und privaten Situation und die Messung von ausgewählten Persönlichkeitsdimensionen (z.B. Big Five, Career Adaptability und Selbstwirksamkeit). Folgende Themen werden mit der erweiterten Datenbasis untersucht:

  • Berufliche Verläufe vom Ausbildungsberuf bis über die Schwelle des 50. Lebensjahres
  • Risiko- und Schutzfaktoren bei der beruflichen Entwicklung
  • Psychische und physische Gesundheit über die Lebensspanne und deren Determinanten
  • Erklärungsmodelle von Berufsverläufen, mit besonderer Berücksichtigung der Passung von Person und Berufstätigkeit
  • Entwicklung der Persönlichkeit
  • Work-Life-Balance und Rollenmodelle der Eltern für ihre Kinder

Eine besondere Stärke der ZLSE liegt in der differenzierten Erfassung des Jugendalters in den sechs Bereichen Schule/Leistungen, Persönlichkeit, Werte/Einstellungen, Biographie/Herkunft/Familie, Berufssuche/-findung und Berufstätigkeiten/Ausbildungen. Aus diesen Angaben lässt sich ein differenziertes Bild der subjektiven und objektiven Gegebenheiten und Entwicklungen im Jugendalter zeichnen und dessen Bedeutung für die Entwicklung bis ins mittlere Erwachsenenalter aufzeigen.

Methodisches Vorgehen

Bei der ZLSE handelt es sich um eine begleitende Längsschnittstudie, die bisher zehn Erhebungen aus verschiedenen Projekten umfasst (Schallberger & Spiess Huldi, 2001; Schmaeh et al., 2015). Sie erstreckt sich über 30 Jahre und umfasst die Lebensspanne vom 15. bis zum 49. Lebensjahr. Die letzte Befragung fand im Jahr 2012 statt, mit einer Stichprobe von 485 Personen und insgesamt rund 4000 erfassten Variablen.

Konzeption:

Bei der neuen, elften Datenerhebung von Mai bis September 2015 waren die Personen durchschnittlich 52 Jahre alt.

Stichprobe:

Die Stichprobe wurde vergrössert, indem aus der früheren Befragung B5 (Durchschnittsalter: 19 Jahre) alle Personen rekrutiert wurden (Vollerhebung: N=1136 Personen). Insgesamt beteiligten sich 807 Personen an der Befragung, was einem Rücklauf von 71% entspricht. Damit erlaubt die angestrebte Stichprobengrösse verschiedene neue Auswertungen, wie insbesondere Detailanalysen bestimmter Berufs- und Personengruppen (z.B. bei Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen).

Erhebungsmethode:

Bei der neuen Erhebungswelle wurden schriftliche Erhebungsinstrumente eingesetzt, welche Fragen zu Berufslaufbahn, Persönlichkeit, Lebenssituation, Gesundheit und Angaben zu Partnerinnen und Partnern sowie Kindern enthalten.

Ergebnisse

Anhand von Sequenzanalysen konnten differenzierte Laufbahnmuster dargestellt werden. Es zeigt sich insgesamt, dass sich viele Personen weiterbilden, was auf die Durchlässigkeit im Schweizer Bildungssystem zurückzuführen sein dürfte. Während sich dies bei den Männern häufig in beruflichen Spezialisierungen und Aufstiegen niederschlägt, ist bei den Frauen jedoch eher eine Kontinuität zu verzeichnen. Weiter gibt es ganze Gruppen mit eher schwierigen Entwicklungen. Diese umfassen etwa Personen, die in der Schule Verhaltens- oder Leistungsprobleme hatten. In einzelnen Laufbahnmustern wie jenem der Gruppe der handwerklich-technischen Berufe fallen zudem gesundheitliche Probleme auf.

Wie gut können solche Laufbahnen vorhergesagt werden? Einzigartig an der Studie ist die Wiederholungsmessung der Persönlichkeit im Alter von 52 Jahren. Dabei zeigt sich, dass sich die Persönlichkeitsmerkmale zwar teilweise verändern, über die Jahrzehnte hinweg aber insgesamt doch relativ stabil bleiben und der Berufstätigkeit entsprechen. Die Jugendpersönlichkeit kann damit ein guter Prädiktor für die Vorhersage der Laufbahn sein.

Neben einer Reihe von Ressourcen weist unsere Studie darüber hinaus auf ganz bestimmte Risikofaktoren für die spätere Lebenssituation hin. Dabei erweisen sich auch Merkmale als relevant, die bisher weniger beachtet wurden: Unterbrüche in der Berufslaufbahn, Investition in Aus- und Weiterbildung, «Job-Involvement», sozio-emotionale Kompetenzen oder auch Aspekte sozialer Unterstützung.

Reportage. Die multimediale Reportage zum Projekt wurde von der Wissenschaftskommunikation der HfH aufbereitet. Zur Reportage «Einmal gefährdet, immer gefährdet?»

Literatur

  • Spiess Huldi, C. (2009). Erfolg im Beruf. Zum Einfluss von Persönlichkeit und psychosozialem Umfeld auf die berufliche Entwicklung Jugendlicher. Zürich/Chur: Rüegger.
  • Schellenberg, C. (2008). Kontinuität versus Diskontinuität der beruflichen Entwicklung aus der Sicht von J. Holland: Eine Untersuchung von Berufsverwandtschaften und der Person-Umwelt-Passung in Berufsverläufen. Zürich: Elektronische Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich.
  • Spiess Huldi, C., Häfeli, K. & Rüesch, P. (2006). Risikofaktoren bei Jugendlichen und ihre Auswirkungen auf das Leben im Erwachsenenalter. Eine Sekundäranalyse der Zürcher Längsschnittstudie «Von der Schulzeit bis zum mittleren Erwachsenenalter» (ZLSE). Luzern: Edition SZH/CSPS. Herunterladen
  • Schallberger, U., & Spiess Huldi, C. (2001). Die Zürcher Längsschnittstudie «Von der Schulzeit bis zum mittleren Erwachsenenalter». Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 21(1), 80-89.

Wichtige Dokumente

Publikationen